Frau Schüttler, in „Akte Golgatha“ spielen Sie eine engagierte, naiv-erfrischende und mutige Taschenbuchautorin. Und Sie Herr Girnth, sind ein zynischer Superarzt. Haben Sie Teile von sich selbst in der Rolle wiedergefunden?

Katharina Schüttler: Auf den ersten Blick konnte ich nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen Felicia und mir entdecken. Nach und nach fielen mir dann doch Dinge an ihr auf, die mir nicht ganz unbekannt vorkamen. Felicia möchte immer ihren Kopf durchsetzen und wenn sie etwas wirklich will, ist sie bereit augenblicklich alles stehen und liegen zu lassen um dafür bis in die Wüste zu fahren und diesen Einsatz erwartet sie auch von allen anderen Menschen um sie herum. Diese gewisse Dickköpfigkeit kenne ich ganz gut.

Marco Girnth: Ich habe relativ wenig von mir wiedererkannt. Während meines Studiums habe ich parallel im Krankenhaus gearbeitet, allerdings als Krankenpfleger und nicht als Chefarzt, der sich selbstherrlich in „seinem“ Krankenhaus bewegt.

Wie haben Sie sich auf Ihre Rollen vorbereitet?

Marco Girnth: Ich habe während meiner Zivildienstzeit tatsächlich Ärzte erlebt, deren Verhalten dem von Dr. Gropius nicht ganz unähnlich waren. Insofern konnte ich auf reale Charaktermuster zurückgreifen. Ansonsten war die „Akte Golgatha“ auch physisch ein sehr anstrengender Dreh, so dass ich vor dem Dreh auch mal wieder an mein Sportprogramm denken musste. Ach ja, und Katharina und ich mussten ein bisschen Motorradfahren lernen, da wir in einigen Szenen samt Motorrad und Beiwagen durch die Wüste flüchten.

Katharina Schüttler: Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war mir klar, dass diese Rolle durchaus körperlich anspruchsvoller als meine bisherigen Rollen werden würde. Also habe ich mein Sportprogramm ein wenig intensiviert. Und da ich bis dahin keine ausgewiesene Spezialistin auf dem Gebiet des Abenteuerfilms war, habe ich mir so viele Klassiker des Genres angeschaut wie ich konnte – von „Indiana Jones“ über „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ bis zu „Das Vermächtnis der Tempelritter“. Zum einen, um ein Gefühl für die Regeln des Genres zu bekommen, zum anderen, um nicht unwissentlich etwas zu wiederholen.

Die Dreharbeiten führten Sie nach Jerusalem, Turin, Rom, Malta, München und die Alpen. Wo hat es Ihnen denn am besten gefallen und was hat Sie am meisten beeindruckt?

Marco Girnth: Rom ist sowieso meine Traumstadt. Ich hab immer schon gesagt, dass ich dort gerne mal drehen würde. Aber am meisten fasziniert hat mich am Ende wohl doch Jerusalem. Das Aufeinandertreffen der verschiedenen Kulturen und Religionen, die alle gleichermaßen Jerusalem als ihren heiligen Ort begreifen, ist an jeder Ecke zu spüren.

Katharina Schüttler: Es war ein riesiges Geschenk, an so viele tolle Drehorte kommen zu dürfen. Jeder hatte seine eigene Qualität und eine andere Schönheit. Turin, wo es mich vorher noch nie hingezogen hatte, hat mich sehr beeindruckt. Eine sehr stilvolle Stadt am Rande eines unglaublichen Alpenpanoramas. Auch Israel war sehr beeindruckend. Wir hatten uns alle auf die Hitze gefreut und niemand hatte gedacht, dass uns in der Wüste Regen erwarten könnte. So wurden wir zur letzten Klappe des Films mit einem wunderschönen Regenbogen inmitten der Judäischen Wüste beschenkt. Es war völlig unglaublich.

In „Akte Golgatha“ geraten Sie in ziemlich gefährliche Situationen. Z. B. springen Sie, Herr Girnth, in Rom vom Fenster aus auf einen fahrenden Bus. Frau Schüttler, Sie lassen sich an einem Transparent hängend von einem Haus auf den Balkon eines gegenüberliegenden Hauses schwingen. Und in Jerusalem werden Sie beide gefesselt mit einem schweren Steinklotz ins Wasser geschubst. Haben Sie die Stunts selbst gedreht?

Marco Girnth: Natürlich, alles…, also…, fast alles… Auf jeden Fall ein bisschen. Ich durfte aus dem Fenster klettern und über der Straße hängen, aber nicht selber in den Doppeldecker reinspringen. Bei den Unterwasserszenen wurden wir zum Teil gedoubelt, nachdem ich mir bei der Befreiungsszene fast den Finger abgeschnitten hätte…, aber auch nur fast…

Katharina Schüttler: In gefährlichen Situationen waren natürlich immer unsere Stunt-Doubles da, um uns zu erklären, wie wir uns verhalten sollten und die wirklich gefährlichen Sprünge und Aktionen haben natürlich sie gemacht. Das geht schon aus versicherungstechnischen Gründen nicht anders. Nichtsdestotrotz musste ich in Israel ins Wasser springen und auf Malta in einem Unterwasserstudio mit meinen Fesseln kämpfen. Das war schon sehr aufregend, hat aber auch großen Spaß gemacht.

Gab es während der Dreharbeiten Momente, in denen Sie Angst hatten?

Marco Girnth: Als die Fensterkletterszene gedreht wurde, hing ich etwa 30 Minuten lang über der Straße. Und irgendwann kam der Punkt, an dem sich der Verstand mit dem Instinkt anfing zu streiten. Der Instinkt sagte: „Wenn du jetzt fällst, tust du dir sehr, sehr weh.“ Und der Verstand hielt dagegen: „Ach was, du fällst nicht. Ist alles sicher.“

Katharina Schüttler: Im Unterwasserpool auf Malta hatte ich wirklich Angst. Es war ein langer Drehtag, an dem unsere Stunt-Doubles und Marco immer wieder rein gesprungen sind und ich die meiste Zeit im Seewind saß, um auf meinen Einsatz zu warten. Als es dann endlich so weit war, musste alles sehr schnell gehen. Das Wasser war kalt und die allgemeine Hektik spürbar. Ein Taucher sollte mich zum Grund des Beckens bringen. Als ich mit geschlossenen Augen und einem Mundstück in die Tiefe geleitet wurde, bekam ich Panik. Also versuchte ich es von neuem, diesmal mit einer Taucherbrille. Stellen Sie sich vor, am Grund eines drei Meter tiefen Beckens mit einem Seil um den Hals und gefesselten Händen zu sein, ein Kameramann in kompletter Tauchausrüstung gibt ihnen ein Zeichen, woraufhin sie sich im trüben Wasser die Brille abnehmen müssen, um daraufhin so gut wie nichts mehr zu sehen, und dann ihr Mundstück mit der Sauerstoffversorgung abzulegen und drauf loszuspielen. Diese Erfahrung war wirklich speziell und hat mich einige Überwindung gekostet.

Sie spielen ein ungleiches Paar und liefern sich den gesamten Film über einen witzigen Schlagabtausch. Wie war Ihre Zusammenarbeit?

Marco Girnth: Ich weiß, auf diese Frage wird immer geantwortet, dass alles ganz großartig war. Bei uns war das aber wirklich so. Katharina ist eine hervorragende Schauspielerin und ein ganz toller Mensch. Dass die Dreharbeiten trotz aller Anstrengung so viel Spaß gemacht haben, hatte ganz entscheidend mit Katharina zu tun.

Katharina Schüttler: Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und hatten die gesamten Dreharbeiten über viel Spaß zusammen. Als ich jetzt den fertigen Film gesehen habe, fand ich, dass man das durchaus auch sieht. Das hat mich sehr gefreut. Zudem kannte ich Marco zuvor nicht als Komödien-Darsteller und fand ganz toll, was er an humoristischen Feinheiten in sein Spiel einfließen lässt.

Es gibt eine Szene, wo Sie gemeinsam die bösen Jungs mit einer Schaufel erschlagen. Hatten Sie Spaß dabei?

Katharina Schüttler: Oh ja, sehr. Mit einer großen Schaufel zuschlagen zu dürfen ohne dass es der Zielperson wehtut, ist ein großer Spaß. Zumal auch die beiden Bösewichte Godehard Giese und Neil Abdullah Malik zwei tolle Kollegen sind, die lustigerweise auch in ihrer Freizeit immer nur als Duo unterwegs waren. Überhaupt hatten wir als ganzes Ensemble sehr viel Spaß miteinander.

Marco Girnth: Macht immer Spaß, wenn die Bösen ihre gerechte Strafe bekommen …

Im Film sind Sie dem letzten Geheimnis des Christentums auf der Spur. Sind Sie religiös?

Marco Girnth: Ich bin sehr katholisch erzogen worden. Ich war auf einer katholischen Schule und als Kind jeden Sonntag in der Kirche. Heute bin ich immer noch religiös, verbinde diese Religiösität aber nicht mehr mit einer Institution.

Katharina Schüttler: Im klassischen Sinne bin ich wohl nicht religiös. Ich glaube aber, dass es etwas „Höheres“, etwas Unerklärliches gibt. Eine Energie, die allem zu Grunde liegt und alles miteinander verbindet. Ich scheue mich davor, zu versuchen es in Worte zu fassen, da ich glaube, dass es nicht möglich ist.

Jerusalem als strenggläubige Stadt – hatten Sie dort Schwierigkeiten während der Dreharbeiten wegen zu knapper Kleidung, Frau Schüttler?

Katharina Schüttler: In Jerusalems Altstadt zu drehen, ist an sich schon eine spezielle Herausforderung, da dort so viele unterschiedliche Interessen aufeinander treffen und die Atmosphäre spürbar gespannt ist. Es gibt eine Szene im Film, in der Marco und ich in einer Schubkarre versteckt durch die Gassen Jerusalems kutschiert werden. Als sich der Deckel unseres doch sehr engen Verstecks in Mitten der Menschenmenge geöffnet hat und ich vorneweg in meinem kurzen Kleid herausgeklettert bin, haben alle Umstehenden, vom Kleinkind bis zum Greis mit großen Augen auf uns geschaut. Für sie war es offensichtlich ein krasser Anblick. Als ich dann Marco eine Ohrfeige gab, haben sie aber alle gelacht.

Spielen Sie lieber actiongeladene Rollen Frau Schüttler, oder sehen Sie sich lieber in dramatisch-ruhigeren Figuren?

Katharina Schüttler: Als Schauspielerin schätze ich die Abwechslung sehr. Das Tolle an actiongeladenen Rollen ist, dass es einfach großen Spaß macht und man eher einen Muskelkater davonträgt als emotionale Kratzer, die eine dramatische Rolle mit sich bringen kann. Ich bin froh und dankbar, dass ich nicht auf einen Rollentyp festgelegt bin, sondern so oft etwas Neues ausprobieren darf.

Werden Sie sich „Akte Golgatha“ am 7. November im Fernsehen ansehen?

Katharina Schüttler: Natürlich werde ich vorm Fernseher sitzen und mir „Akte Golgatha“ ansehen. Die Ausstrahlung ist vielleicht ein guter Grund, sich endlich einen Beamer und eine Leinwand zu besorgen. Es ist ja schließlich ein richtiger Abenteuerfilm. Wahrscheinlich werde ich den Film mit Freunden und viel Popcorn sehen.

Marco Girnth: Ich bin noch gar nicht sicher, ob ich am 7. November in Deutschland sein werde. Wenn ja, hoffe ich dass wir den Großteil des Teams zusammentrommeln können, um den Film gemeinsam zu sehen.

Katharina Schüttler: Na, da will ich dann auch dabei sein!


Quelle: RTL Presseheft, Oktober 2010 | „Die Akte Golgatha“ wurde produziert von der UFA Fernsehproduktion GmbH