Ihre Filmfigur Christine Teichow leidet unter dem so genannten Borderline-Syndrom, einer Persönlichkeitsstörung, die sich bei den Betroffenen in Symptomen wie plötzlichen Stimmungseinbrüchen und einem ausgeprägten Schwarz-Weiß-Denken äußert. Ist es auch für eine erfahrene Schauspielerin wie Sie eine besondere Herausforderung, einen Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu spielen? Wie bereiten Sie sich darauf vor, den Ansprüchen einer solchen Rolle gerecht zu werden?

Katharina Schüttler: Es ist immer eine große Herausforderung, als Schauspielerin eine Figur darzustellen, die sich fernab der Pfade des „Normalen“ bewegt. Ich habe mir einige Dokumentationen über Menschen mit Borderline-Syndrom angesehen, die mir sehr geholfen haben, mich in die Untiefen, Denkmuster und in das düstere Gefühlschaos von Christine hineinzufinden. Darüber hinaus habe ich versucht, in ihrem Handeln eine „Logik“ zu finden; etwas Zwingendes, was sie zu ihren Taten bewegt und das sie aus ihrer Sicht völlig „normal“ handeln lässt. Für sie ist die Welt um sie herum das Problem, nicht ihre Wahrnehmung der Welt.

Wussten Sie bereits vor dieser Rolle, was sich hinter der Borderline-Persönlichkeitsstörung verbirgt oder haben Sie sich erst im Zuge dessen intensiver mit der Erkrankung auseinandergesetzt?

Katharina Schüttler: In meinem Bekanntenkreis gab es jemanden, der an einer Borderline-Störung litt. Der Verlauf war sehr tragisch und hat mich verstört und ratlos zurückgelassen. Dieses selbstzerstörerische Verhalten war für mich in diesem Ausmaß nicht nachvollziehbar. Es erscheint einem gesunden Menschen so leicht, etwas zu verändern, sich anders zu verhalten, mit gewissen Dingen im Leben anders umzugehen, wenn man merkt, dass man auf einem Irrweg ist. Vor allem, wenn er einen geradewegs auf einen Abgrund hinzusteuern droht. Die Welt sieht aus den Augen eines Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung anders aus. Meine Ratlosigkeit hat mich dann im Zuge der Rolle dazu gebracht, mich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu versuchen, zu verstehen, was in einem Menschen mit einer solchen Krankheit vor sich geht. Die Berichte, gerade von jungen Frauen, haben mich wirklich erschüttert.

Die einzige Konstante in Christine Teichows instabilem Leben scheint ihr Hund Haduck zu sein, der von nun an an der Seite von Polizeihauptmeister Krause zu sehen sein wird. Welche Beziehung haben Sie selbst zu Vierbeinern – gibt oder gab es auch in Ihrem Leben tierische Lebensgefährten von großer Bedeutung?

Katharina Schüttler: Meine halbe Kindheit hatte ich große Angst vor Hunden, nach zwei nicht gerade guten Erfahrungen. Als ich elf Jahre alt war, stand meine Mutter plötzlich mit einem kleinen Hundebaby, das in Italien mit all seinen Geschwistern ausgesetzt worden war und als einziges überlebt hatte, vor mir und sagte: „Das ist Pinsel.“ Es brauchte eine ganze Weile, bis ich meine Angst verlor. Dann wurde diese Beziehung zu einer der wichtigsten in meinem Leben und ich empfinde es noch immer als einen großen Verlust, dass sie nicht mehr lebt. Wenn ich das Gefühl habe, einem Hund vertrauen zu können, begegne ich ihm heute ohne Angst und mit einer offenen Faszination für das mögliche Verhältnis und die besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier. Es gibt aber auch einige Hunderassen, bei denen ich noch heute die Straßenseite wechsele. Ich bin eine Befürworterin des Zuchtverbots für Kampfunde.


Das Interview stammt aus der Pressemappe des RBB, Oktober 2010