
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von ca:stmag Das Schauspielermagazin
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Katharina Schüttler spielt in vier Theaterstücken in Berlin und Hannover – ihre hochgelobte Darstellung von Nabokovs Lolita war zugleich ihre Diplom-Prüfung an der Hochschule für Musik und Theater, Hannover. Für „Sophiiiie!“ wurde sie mit dem Förderpreis Deutscher Film ausgezeichnet. cast sprach mit ihr über Image, Theater und Film.
Häufen sich seit deiner Auszeichnung 2002 die Filmangebote?
Es geht so, schon damals war ich in zwei Theaterstücken engagiert, seither sind zwei neue dazugekommen. Große Rollen kann ich gar nicht annehmen. Daher hat meine Agentur manche Anfragen gleich von mir ferngehalten.
Damit du dich nicht ärgern musst?
Vor allem wenn’s schöne Produktionen mit guten Freunden sind: Gleich nach „Sophiiiie!“ war’s schon sehr ärgerlich: Bei „Die Liebe in Gedanken“ konnte ich nicht mitspielen, weil ich gerade drei Wochen vorher Lolita zugesagt hatte.
Apropos Lolita, weißt du was erscheint, wenn man im Internet unter deinem Namen sucht?
Ja, als ich zum ersten Mal gesehen habe was da abgeht, war ich total schockiert. Ich finde das total befremdlich, habe aber noch nie genauer reingesurft, was hinter diesen angeblichen Pornoangeboten steckt.
Wie nah oder fremd sind dir Sophie und Lolita?
Beide Rollen sind erstaunlich weit fern von mir, im Spiel haben natürlich beide viel von mir, aber ich weiß nicht, ob ich mich im wirklichen Leben so verhalten würde. Ich bin unter viel behüteteren Verhältnissen aufgewachsen, beide Figuren sind stark getrieben von den Umständen. Wobei das Image der Lolita sich im Volksmund ja völlig verselbständigt hat, das hat mit Nabokovs Figur ja kaum noch etwas zu tun. Ganz furchtbar finde ich Adrian Lynes Verfilmung – die verfälscht die ganze Geschichte und stellt Humbert Humbert als armen alten Mann dar, der seine große Liebe verloren hat und nun in Lolita wieder sieht. Das Mädchen ist viel zu fraulich – und am Schluss muss man denken „und jetzt verlässt ihn das kleine Luder auch noch“. Das ist doch ihr gutes Recht!
Wie siehst du Lolita?
Der Kniff bei Nabokov ist ja, dass er die Geschichte aus Humberts Blickwinkel erzählt, sonst sähe sie ganz anders aus. Es ist eine reine Liebesgeschichte, definitiv keine Missbrauchsgeschichte.
Siehst du dich in den Rollenangeboten durch die Prominenz von Lolita und Sophie in eine Ecke gedrängt?
Die beiden Figuren können ja unterschiedlicher nicht sein, hinzu kommen die unterschiedlichen Medien Theater und Film. Dadurch habe ich erfreulicherweise das Gefühl, dass sich als Image entwickelt, „das ist eine für Charakterrollen“. Beim Film wird aus der Sophie offenbar geschlossen, dass ich die Richtige für extreme Rollen bin.
Wirst du trotz der Bindung ans Theater bald wieder drehen?
Ja, das ist früher wie in den sechs Wochen Schulferien: In der theaterfreien Zeit im Sommer werde ich voraussichtlich mit Catherina Deus (als Abschlussfilm für die dffb) ein ZDF-Fernsehspiel drehen. Eine Art Coming-of-Age-Drama um ein Mädchen, dass von einer Karrere als Profi-Boxerin träumt. Seit einer Woche bin ich im Boxtraining. Ich habe schon mal für eine Rolle Jiu-Jitsu gelernt, aber Boxen ist definitiv anstrengender.
Und wann machst du den Motorradschein?
Ich hoffe, dass ich’s dieses Jahr endlich schaffe – es hat jedenfalls total viel Spaß gemacht mit der Ducati Monster rumzufahren. Für den Sophiiiie-Dreh wurde ja extra ein Stück Straße gesperrt und ich durfte, weil ein Fahrlehrer zugegen war, mit 80 Richtung Landungsbrücken rasen.
Ohne Helm und im sehr dünnen Kleid.
Ja, und leider war es durch eine Verzögerung im Drehplan schon Herbst und sehr kalt. In den Drehpausen wurde ich immer mit Wärmflaschen unterm Kleid aufgewärmt.
Dein Tipp für den Nachwuchs?
Ich habe keine Message, – mir hat es jedenfalls trotz früher Dreherfahrung gut getan, eine Schauspielausbildung zu absolvieren, auch um selbstbewusst sagen zu können, „Ich bin Schauspielerin“.
Das Interview stammt aus der Ausgabe 03/2003 von cast – das Schauspielermagazin und wurde geführt von Thomas Bauer